Kreistag Rostock-Land: wie im „Großen“, so im „Kleinen“ …

Am 21. September fand in Bad Doberan eine Sitzung des Kreistages Rostock-Land statt, die zum ersten Mal auch als Livestream übertragen wurde. Allerdings wurde nur der Rednerbereich gefilmt, sodass man sich als Zuschauer gut entspannen konnte. Der hier gegebene Einblick in die Kreistagssitzung ist nicht vollständig, sondern soll nur einige Eindrücke eines unbedarften, aber interessierten Zuhörers vermitteln.

Die Sitzung startete mit einer Bürgerfragerunde; unter anderem fragte ein Bürger nach einem „Impfzentrum“, in dem man sich die Spritze zum aktuell propagierten Virus holen kann.

Danach fokussiert sich der Landrat in seinem Bericht auf das Thema Digitalisierung, man ist sehr stolz darauf, dass Rostock-Land für seine vorbildlichen Bemühungen diesbezüglich sogar einen Preis gewonnen hat. Ab 2023 soll ja dann auch ein neues Online-Zugangsgesetz gelten. Aktuelle Probleme und Sorgen der Bürger hingegen waren für den Landrat kein Thema, da wurde nur elegant direkt auf die Zuständigkeit des Landes verwiesen.
Zum Thema neue Flüchtlinge, die in den Landkreis kommen sollen, gab es dann doch ein paar kritische Diskussionen bezüglich Anzahl, Unterbringung, Kosten, etc. Kann bei einer Unterbringung in der Turnhalle der reguläre Schulbetrieb gewährleistet werden?
Aktuell tut sich das Ordnungsamt des Landkreises durch eine Einschüchterungskampagne gegen Leute, die privat Güter wie Marmelade aus ihrem Garten verkaufen, hervor. Dafür wurde sogar extra zusätzliches Personal eingestellt. Der Vorwand, unter dem diese Aktion läuft, lautet „Lebensmittelkontrolle“.

Als dann endlich gegen Ende der Sitzung nach gefühlten fünf Stunden die Tatsache, dass die neu gegründete und viertstärkste Fraktion der „Demokratischen Freidenker“ (eine von zwei Fraktionen, die tatsächlich die Interessen der Bürger vertreten) im Kreistag, ein Anrecht auf entsprechende Sitze in den Fachausschüssen hat diskutiert wurde, zeigten der Kreistagsvorsitzende und die Mehrheit der Abgeordneten ihr wahres Gesicht: da wurde die ganze Trickkiste aufgefahren um zu verhindern, dass die junge Fraktion die ihr gesetzlich zustehenden Sitze in den Ausschüssen zeitnah erhält. Dies begann mit dem Versuch, den Antrag der Fraktionsvorsitzenden auf Neubesetzung von freigewordenen Stellen mit bestimmten Vertretern schlichtweg nicht zur Abstimmung zuzulassen, Verzögerungstaktiken wurden angewendet, aber die namentliche Abstimmung konnte schlussendlich doch nicht verhindert werden. Wie zu erwarten lehnte die Mehrheit der Abgeordneten, abgesehen von den Mitgliedern der zwei bürgernahen Fraktionen, den Antrag ab. Nun sieht es so aus, als ob die „Demokratischen Freidenker“ sich den Weg in die Fachausschüsse juristisch freikämpfen müssen. Aber sie bleiben dran und geben nicht auf!

Insgesamt wurde klar, dass wie nicht anders zu erwarten, im Kreistag als Parlament auf einer unteren Organisationsebene die gleichen „Spielchen“ und Verhaltensweisen zu beobachten sind, wie auf Bundesebene im Bundestag. Der Kreistagsvorsitzende fühlte sich berufen, im Alleingang zu entscheiden, welche von einzelnen Abgeordneten oder Fraktionen eingebrachten Anträge zur Diskussion und Abstimmung zugelassen wurden. Einigen Abgeordneten gewährte er großzügig und geduldig fast unbegrenzte Redezeit, während beispielsweise als ein Abgeordneter zu Recht versuchte anzumerken, dass die Politik der Bundesampel für viele Probleme auch auf Kreisebene verantwortlich ist, das Wort vom Kreistagspräsidenten sofort abgewürgt wurde.
Trotzdem ist ein Besuch so einer Kreistagssitzung als interessierter Zuschauer immer lohnenswert, um mal live zu sehen, wie Lokalpolitik funktioniert.